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RUPPRECHTTONSTUDIO

Reinhard Walter

wurde am 03.11.1940 in Görlitz geboren. Leider stellte sich schnell heraus, dass er die Welt nicht so „sehen“ konnte wie die meisten Menschen, denn eine angeborene Netzhauterkrankung, die einer praktischen Blindheit gleichkommt, galt es irgendwie in den Griff zu kriegen.

Nachdem er schon in der zweiten Klasse Blindenschrift und das Maschinenschreiben erlernt hatte und als eine Art Integrationsschüler in einer Normalschule bleiben konnte, musste er jedoch zum Besuch der Oberschule seine Heimatstadt im Jahr 1956 verlassen, um an eine Spezialschule für Blinde in Königs-Wusterhausen, nahe der Stadt Berlin, zu wechseln. Diese Schule schloss er mit dem Abitur ab.

Schon seit seiner Kindheit faszinierte ihn alles, was mit Rundfunk, Musik und Tönen überhaupt zu tun hatte. Es gelang ihm, trotz Seiner Behinderung und einiger Skepsis der Personalabteilung und nach dem Abitur im Jahre 1960 eine Ausbildung zum Studioassistenten aufzunehmen, die er im Jahre 1964 abschloss.

Da man ihm die Ausbildung im Rahmen einer Erwachsenenqualifizierung vorgeschlagen hatte, war er von Anfang an in den Betriebsdienst des damaligen Funkhauses des DDR-Rundfunks in Berlin integriert. Obwohl die berufliche Entwicklung weiterging und später bis zum Studium an der Berliner Musikhochschule Hans-Eisler führte, bekam die musikalische Begabung eine immer größere Bedeutung.

Der moderne Jazz und Pianisten wie Bill Eavens, Herbi Hancock und später dann Musiker wie Keith Jarret, Chick Corea und Gery Burton begeisterten ihn. Klangwelten, in denen die Improvisation der Hauptbestandteil ist, waren und sind das, was Reinhard Walter als Ausdrucksmittel suchte und fand. Hier traf sich die Welt „des gesprochene Wortes“ mit dem musikalischen Anliegen. So wechselte er deshalb 1973 von den Technikern zu den „Machern“ der künstlerischen Arbeiten in die Abteilung Musik- und Hörspielproduktion und manifestierte seine musikalischen Kenntnisse mit einem Fernstudium an der Musikhochschule „Hans Eisler“ in Berlin, das er 1982 als Jazzpianist und 1985 als Diplom-Tonmeister abschloss. Die Musik wurde immer mehr zu einem Hauptbestandteil seines Lebens.

Hier in Kurzform einige wichtige Abschnitte seines Wirkens:

  • Seine erste Jazzformation gründete Reinhard Walter Anfang der 60er Jahre. Mit dieser Formation, auch Reinhard-Walter-Jazztrio genannt, ist er auch in der „Görlitzer Jazzchronik“ im Jahr 1965 vermerkt. Die Musiker in dieser Formation waren keine geringeren als Hubert Katzenbeier (Posaune) und Wolfgang „Zicke“ Schneider (dr), welche später zu bekannten Profi-Jazzern in der europäischen Jazzszene zählen sollten.
  • In der Zeit von 1976 bis 1983 arbeitete er als Pianist im Friedhelm-Schönfeld-Trio, mit dem er dann auch 1978 zum Jazzfest in Warschau auftrat.
  • Ein weiteres Projekt war das sogenannte „Berliner Invalidenorchester“. Hier spielte Reinhard Walter zusammen mit dem Cellisten Jens Naumilkat, der seit einem Verkehrsunfall 1977 querschnittsgelähmt ist. Beide wollten mit dem Gleichnis des Blinden und des Lahmen dem Publikum zeigen, dass man mit seiner Behinderung auch anders umgehen kann, als das im Allgemeinen mitleidig vermutet wird.
  • Beim damaligen VEB Deutsche Schallplatte produzierte er zwei Langspielplatten:
    „Swinging Pool“, mit der Sängerin Pascal von Wroblewsky
    „Lights“, die er u.a. zusammen mit Volker Schlott produzierte.
    Die Leitung des Studioorchesters und die Arrangements lagen in seinen Händen.
  • Als Komponist beteiligte sich Reinhard Walter an zahlreichen Hörspielproduktionen und schrieb Arrangements für Orchester des DDR-Rundfunks. Da er ja nur mit sehenden Musikern zusammenarbeitete, war es zwingend notwendig, eine eigene Partiturschrift zu entwickeln. Der Computer sollte ihm hier schon bald gute Dienste leisten. „Die Möwenesser“, „Vineta“ und „Jacob und der Andere“ sollen hier für ein Reihe von Hörspielen stehen, für die Reinhard Walter die Musiken schrieb.
  • Als Funkamateur und Toningenieur betreute er Die Sendung „DX-Aktuell“ (bei DS-Kultur und später im DLR bis zu ihrer Absetzung).
  • im September 1994, beruflich hat Reinhard Walter alle Höhen und Tiefen im damaligen Rundfunk der DDR miterlebt, gehörte er nach der großen Wende zu denjenigen, die vom Deutschlandsender Kultur und später vom DLR übernommen wurden. Dort arbeitete er bis zu seinem Vorruhestand 1998.

Wer nun aber glaubt, dass er heute die Hände in den Schoß gelegt hat, irrt.

Reinhard Walter begann nun intensiver in seinem privaten Studio zu arbeiten und damit war nicht nur die rein musikalische Arbeit gemeint, nein, er beschäftigte sich intensiv mit den Möglichkeiten der digitalen Tonstudiotechnik. Das versetzt ihn Heute in die Lage, mit seinem Studio modernste Anforderungen der Musik- und Tonproduktion überhaupt zu realisieren.

Nimmermüde auf der Suche nach neuen Herausforderungen beschaffte sich Reinhard Walter alle für blinde Menschen verfügbaren Hilfsmittel, um die moderne Technik weitgehend ohne sehende Hilfe zu handhaben.

Seine Lebensmaxime ließe sich vielleicht in dem Satz zusammenfassen:

Ich bin nicht blind, ich kann nur nicht sehen – die Behinderung durch Vorurteile anderer Menschen wiegt schwerer als das eigentliche Behindertsein.